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Das Telefon klingelt und ein ausgesprochen netter und freundlicher Anrufer ist am anderen Ende.

In unglaublich beruhigenden Worten fragt der Anrufer an, ob man denn Wachteleier bestellen könne. Man kann. Es ärgert ihn nicht, das er wohl etliche Tage auf seine Lieferung warten muss. Es fällt ihm nicht auf, das ich mich sicher noch etwas zerknittert anhöre. Unabsichtlich hat er mir den Anstoß für viel mehr Ruhe gegeben.

Die letzten Wochen hatte sich das ganze hochgeschaukelt. Stress hatte Einzug gehalten. Zuwenig

Wachteleier in den Schachteln.

Mein Mann lacht und macht wilde Vorschläge. Pfeffer auf den Schwanz streuen und ähnlich wilde Geschichten. Eine Freundin meinte gönnerhaft das ich ja mithelfen könne und mal selbst legen sollte. Am gravierensten aber fand ich den Anruf einer Stammkundin die meinte, das ich ihre Bestellung auch gerne mal eine Woche nach hinten schieben könne wenn es mir hilft.


Manchmal merkt man selbst es als letztes das man sich vom Stress hat anstecken lassen. Als ich nun meine morgendliche Stallrunde gedreht habe und das Licht angeschaltet , stehen unsere Wachteln gähnend und streckend im Stall und schauen mich verschlafen an. Selbst die Extraportion Kräuter die sie morgens als kleines Gutti bekommen, kann sie diesmal nicht aufscheuchen. Gelassenheit überall. Nur ich selbst habe mich verzettelt. Grundlos.

Ich sitze auf dem Strohballen im Stall und beobachte die Tiere. Eine der Katzen widmet sich ihrer Morgenwäsche. Der Hahn überlegt wohl noch ob er seine Hennen denn wirklich in den Regen locken soll. Gestern wollte ich mich noch über unausgeglichene Kunden ärgern. Kunden die der Meinung sind, das gefälligst andere ihnen den Vortritt lassen sollten. Sie wären immerhin Herr Sowieso und Frau Spezial Vip.

Albern. Und nun muss ich lachen, meine Tiere sehen mich erstaunt an.

Es gibt eine immer etwas schwankende Menge an Wachteleiern. Nicht mehr. Eher weniger wenn man einmal im Eifer des Gefechtes einige fallen läßt. Meine Wachteln sind unschuldig wenn 5 Kunden fast zeitgleich bestellen und meine Software automatisiert und fröhlich die Bestellungen mit ' Wir haben ihre Bestellung erhalten` quittiert.


Möchte ich etwas besonderes, dann muss ich lernen zu warten. Unsere Wachteleier sind etwas besonderes. Die Wachtel mit den weißen Flecken am Kopf, die sich generell an einen anschmust wenn man das Türchen öffnet, ist ebenfalls etwas besonderes. Und etwas besonderes ist nichts, was ich aus Massenhaltung beim Discounter mal eben in meinen Einkaufswagen werfen kann.


Der Chef bereitet in Ruhe ein neues Abteil vor. In einigen Tagen schlüpft eine neue Generation Wachteln. Sie sollen es gut haben. Warm, trocken, kuschelig und unaufgeregt. Die hungrigen Käufer werden wieder gezwungen sein zu warten, bis sie an der Reihe sind. Und ich selbst muss dafür sorgen, mich vom Hetzen und dem vorschnell wollen, nicht überrollen zu lassen.


Fazit: In der Ruhe liegt der Atem des Lebens

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Kommentare: 2
  • #1

    Beate (Donnerstag, 11 September 2014 11:10)

    habe ich dir schon immer gesagt grins

  • #2

    Andrea (Donnerstag, 11 September 2014)

    Die weise Frau, lach